Spitzenleistung durch Transparenz (Teil 2 / 2)
Ein Blick in Ihr monatliches CEO-Reporting gibt Auskunft darüber, welche Projekt-Leads in den nächsten Monaten zu Umsatz werden, um wie viele Prozentpunkte sich Ihre Bruttomarge im laufenden Jahr verbessern wird und ob Ihre Kunden mit Ihrer Liefertreue in den kommenden Wochen zufrieden sein werden. Was nach Wunschvorstellung oder Grosskonzern mit zahlreichen Business Analysten klingt ist ebenso für den Mittelstand realisierbar. In Tat und Wahrheit stellt ein operatives Kennzahlenreporting einen wesentlichen Erfolgsfaktor dar, um als Mittelständler absolute Spitzenleistung zu erbringen. Die Transparenz entlang Ihrer Wertschöpfungskette führt zu einer verlässlichen Planung, einem kontinuierlichen Soll-/Ist-Abgleich der Planung, zu dynamischeren Vorgängen sowie zu einem erhöhten Bewusstsein der Mitarbeitenden für das Einhalten von Prozessen und der Nutzung des ERP-Systems.
Effekte auf die Organisation
Es ist nicht selten anzutreffen, dass gerade im Mittelstand die Möglichkeiten des ERP-Systems nicht ausgeschöpft werden. Meist sind es eine rudimentäre Schulung sowie ein fehlendes Bewusstsein für die Auswirkungen, die eintreten, wenn Vorgänge nicht nach einem einheitlichen Standard abgewickelt werden. Für die Pflege von Stammdaten ist im Tagesgeschäft meist keine Zeit und dank implizitem Wissen der jahrelangen Mitarbeitenden fallen die «Schwächen» des Systems nicht ins Gewicht.
Es ist daher nicht verwunderlich, dass solche Unternehmen über Inventurabweichungen von bis zu einem Drittel des gesamten Lagerbestandes klagen, dass die lagerhaltigen Artikel meist Ladenhüter sind und jene die dringend benötigt werden, nicht im Haus sind. Vor diesem Hintergrund ist an eine effiziente Auftragsplanung, an strategische Einkaufsentscheidungen oder verlässliche Zusagen von Lieferterminen nicht zu denken.
Nur wenn die Tragweite eines sauber implementierten und geschulten ERP-Systems, mit klar definiteren Prozessen und operativen Leistungsindikatoren erkannt wird, sind Organisationen in der Lage, Spitzenleistung zu erbringen. Dabei können sich innerhalb der einzelnen Teams Dynamiken entwickeln, die zu kontinuierlichen Verbesserungen, weitreichenden Effizienzsteigerungen und einem erhöhten Bewusstsein für unternehmerisches Handeln führen. Als typische «blinde Flecken» seien hier die Auswertung von Reklamationen oder der Liefertreue genannt. Die Abwicklung erfordert einen klaren Standard zur Identifikation entsprechender Vorgänge während für die Auswertung der Liefertreue meist der zuerst zugesagte Termin festgeschrieben werden muss, bevor aussagekräftige Daten erhoben werden können.
Die Implementierung
In der Praxis lässt sich meist erkennen, dass die reine Erkenntnis einer Soll-/Ist-Abweichung nicht ausreicht, um nachhaltige Verbesserungen zu erzielen. Zu häufig wird lediglich an den Symptomen optimiert, während die kausalen Zusammenhänge und Abhängigkeiten sich gegenseitig beeinflussender Faktoren zu wenig berücksichtigt werden. Dabei wird versucht, über erhöhten Arbeitseinsatz, mehr Überwachung und mehr Druck (Micromanagement) auf die Teams das gewünschte Ziel zu erreichen. Dies jedoch in der Regel nur mit temporärem Erfolg, da der Fokus auf die Verbesserung der einen Kennzahl sofort verblasst, sobald eine andere Soll-/Ist-Abweichung durch das Management ins Zentrum der Beobachtung gerückt wird.
Zentral für die nachhaltige Verbesserung einer Kennzahl ist die gezielte Identifikation der Ursachen durch deren Behebung Missstände nachhaltig abgestellt werden können. Entsprechend ist es die Aufgabe des Managements, die Zusammenhänge und Einflussgrössen auf ein gewünschtes Ergebnis zu erkennen, um an den relevanten Stellschrauben drehen zu können.
Kernprozess Order Fulfillment
Beispielhaft lässt sich dies an der Liefertreue verdeutlichen. Soll nun eine Lieferperformance von - sagen wir 95% - erreicht werden, ist es entscheidend, dass alle für die Leistungserbringung notwendigen Kernprozesse sauber ineinandergreifen. Nachfolgend seien einige Teilbereiche draus beschrieben:
1. Anlage des Auftrags: Bei Auftragseingang sind die Auftragsdaten korrekt zu erfassen, angefangen bei der Stückzahl, der Artikelnummer sowie des intern abgestimmten Liefertermins.
2. Deckungsprüfung: Die verlässliche Aussage zur Materialverfügbarkeit ist ein zentraler Faktor zur Verbesserung der Liefertreue. Ihre Inventurabweichung sowie die Häufigkeit von Fehlteilen bei der Montage geben Indikationen für die Qualität Ihres Lagerbestands und der Disziplin in der Verbuchung von Materialbedarfen.
3. Materialbestellung: Neben einem verlässlichen Lagermanagements ist die Geschwindigkeit bei der Ausführung von Materialbestellungen entscheidend, um den Liefertermin einhalten zu können. Die tägliche Auswertung des Alterns von Bestellvorschlägen (Bestellanforderungen) kann hier zur nachhaltigen Dynamisierung des Einkaufs führen.
4. Auftragsplanung und Steuerung: Variable Kundenwünsche, der Ausfall von Mitarbeitenden oder Qualitätsprobleme können die Fertigungsplanung vor Herausforderungen stellen. Umso wichtiger sind saubere Planungsgrundlagen in Form von Arbeitsplänen, die richtige Priorisierung sowie eine gewisse Flexibilität in der Produktion. Das wöchentliche Lieferobligo (in Umsatz und Anzahl Aufträgen) gibt Ihnen Auskunft über die Qualität Ihrer Auftragsplanung.
5. Produktqualität: Wenige Vorgänge sind kostenintensiver und schädlicher für eine Organisation als Qualitätsprobleme, die kurz vor der Auslieferung festgestellt werden. Insbesondere mit Blick auf die Liefertreue sind dies jene Vorgänge, die unweigerlich zu unzufriedenen Kunden führen.

Ein Kennzahlensystem, welches entlang der Auftragsabwicklung für die nötige Transparenz sorgt, wird entscheidend sein, damit Sie nachhaltig Ihre Prozesse steuern und die Liefertreue erhöhen können. Dadurch wird eine vorausschauende Steuerung Ihrer Organisation möglich, sodass auf Abweichungen rechtzeitig reagiert werden kann.
Kernprozess Projektakquise
Als weiteren Kernprozess sei hier in aller Kürze die Akquise von neuen Projekten erwähnt, der – bei entsprechender Transparenz – ebenfalls zu verlässlichen Aussagen Ihrer Geschäftsentwicklung führen kann.
Auch hier ist ein genaues Verständnis des Akquise-Ablaufs in Ihrer Organisation entscheidend, um entsprechende Rückschlüsse auf zukünftige Auftragseingänge zu ermöglichen. Eine gewichtete Projekt-Pipeline gibt Ihnen dabei Auskunft über das zu erwartende Volumen, während die Durchlaufzeit einzelner Phasen die Frage nach dem Zeitpunkt des Auftragseingangs beantworten kann. Weiter lassen sich Vertriebsaktivitäten dann gezielter Steuern, wenn die Conversion aus einzelnen Massnahmen und zwischen den Akquisephasen bekannt und systematische Abweichungen frühzeitig identifiziert werden können.
Nachfolgend sei beispielhaft ein Akquise-Prozess zur Entwicklung kundenspezifischer Komponenten für den Maschinenbau dargestellt.

Handlungsempfehlung für die ersten Schritte
Machen Sie sich vor der Implementierung eines Kennzahlensystems Gedanken, welche Ziele Sie erreichen möchten. Die grössten Sorgen Ihrer Kunden und damit Ihres Vertriebs könnte einen ersten Anhaltspunkt dafür geben, welche Leistungsparameter verbessert werden müssen.
Definieren Sie vor der Implementierung die Reporting-Strukturen und legen Sie genau fest, welche Daten in welcher Frequenz erhoben und durch welche Systeme ausgewertet werden sollen. Dabei ist es nicht immer unbedingt sinnvoll, möglichst viele und möglichst häufig die gleiche Analyse durchzuführen. Ein sinnvolles Mass behält Kosten (Aufwand) und Nutzen in der Wage.
Die Implementierung der Kennzahlenstruktur sowie die Sichtbarkeit nachhaltiger Ergebnisse wird mehr Zeit in Anspruch nehmen, als sich das Kunden, Geschäftsführer, Gesellschafter und Beiräte wünschen. Geben Sie dem Projekt etwas Zeit, bis Abweichungen der Stammdaten identifiziert, Prozess-Standards festgelegt und geschult sowie Abstellmassnahmen nachhaltig implementiert wurden. Institutional Learning ist kein «Quick-Fix» sondern die Hilfe zur Selbsthilfe sodass nachhaltige Wert geschaffen wird.
Weitere Artikel:
- Institutional Learning #1 (Post #2)
- Institutional Learning #2 (Post #3)
- Spitzenleistung durchTransparenz (Post #6)